Es gibt noch einiges mehr, was in diesem Teil von China ein ungutes Gefühl hinterlässt. Dazu gehört auch die Suche nach einer Unterkunft in größeren wie kleineren Städten. In Yining sind wir zum ersten Mal damit konfrontiert: Wo auch immer wir nach einem Zimmer fragen, die Antwort besteht aus dem einen Wort, das sich für uns wie „Meijo“ anhört und soviel wie „nichts“ bedeutet. Kein Zimmer für uns im gähnend leeren Hotel? Aber die Angestellten an der Rezeption lassen nicht mit sich reden. Weder in Yining noch in den anderen Städten.
Mit Computern verhält es sich ähnlich. Die Internetcafés scheinen alles andere als ausgelastet, doch wir bekommen keinen Zugang zu einem der vielen freien Plätze. Im Gegenteil. Wir werden unfreundlich aus dem Laden komplementiert. In Yecheng wollen wir uns nicht so leicht abwimmeln lassen. Wir erwarten eine dringende Nachricht wegen der Tibet-Permits und fragen eine junge Uigurin, die an einem Rechner spielt, ob wir an ihrem PC unsere Mails abrufen dürfen. Sofort räumt sie entspannt lächelnd ihren Stuhl. Wir haben noch nicht einmal das Webmail-Interface geöffnet, da kommt sie völlig aufgelöst zurück, die tief braunen Augen vor Schreck noch größer als sonst. Panisch zerrt sie an meiner Schulter. „You are not allowed.“ „You are not allowed.“ Immer wieder der gleiche Satz. „Why?“ Sie dreht sich nervös mit dem Rücken zu den Kameras, die an der Decke hängen, macht eine möglichst unaffällige Geste zu ihnen hin. „Police.“ Beim zweiten Internetcafé akzeptieren wir das „Meijo“ des Inhabers. Plötzlich nehmen wir auch die Kameras wahr, die auf die Gehsteige, die Straßen und Hotelgänge gerichtet sind. Zurück bleibt das Gefühl, denen zu schaden, die uns helfen, das Gefühl, überwacht und unfrei zu sein.
Und nicht nur wir sind nun auf der Hut. In Shiquanhe (Ali) beobachten wir einen Tibeter. Er löst am Nachbartisch mit einer Schere Faden für Faden den roten Stern ab, der seiner neuen, tarnfarbenen Schirmkappe das Aussehen einer Uniformmütze verleiht. Plötzlich hört er abrupt auf. Erst dadurch bemerken wir den düsteren Blick eines Manners, der gerade mit großer Gefolgschaft das Restaurant betritt. Wer genau hinsieht, erkennt die Kleidung der Geheimpolizei. Das Abtrennen des Sterns muss warten.