Etwa 20 Kilometer vor der rumänischen Grenze endet die Idylle auf ruhigen Nebenstraßen durch kleine ungarische Dörfer und weitläufige Puszta-Landschaft. Ab hier führt nur noch ein Weg in die richtige Richtung, die „Fernstraße“ E60. Zum ersten Mal wird es gefährlich: Der Seitenstreifen fehlt komplett, wir befinden uns buchstäblich in der Fahrspur von Auto und LKW, die mit über 100 km/h heranrasen. Abbremsen will keiner. Kommt Gegenverkehr, bleiben oft nur einige Zentimeter zwischen 40-Tonner und Fahrradlenker. Da mittlerweile starker, böiger Gegenwind herrscht, hinterlassen die vorbeijagenden Kolosse eine Druckwelle, die uns förmlich aus dem Sattel hebt und von der Fahrbahn fegt; unsere Reifen rattern immer wieder über die stellenweise 20 Zentimeter tiefe Stufe am Straßenrand direkt in den vom Regen aufgeweichten, schmierigen Matsch. Nach einem überraschend problemlosen Grenzübergang folgt der nächste ernüchternde Anblick: Zwar spendieren die Rumänen den Fernstraßen einen mal mehr mal weniger breiten Seitenstreifen, doch ragt zur Linken ein ungesund stinkender, rauchender Schlot aus einem Labyrinth trist grauer Fabrikruinen. Wenige Kilometer hinter Oradea beginnen die Ausläufer der Karpaten. Die Umgebung wird immer interessanter, auf den Berggipfeln liegt Neuschnee, Gebirgsbäche durchziehen die vom zurückliegenden Winter braunen, regennassen Wiesen. In Cluj-Napoca treffen wir die Entscheidung, das Problemgebiet Transnistrien östlich der Republik Moldau im Süden zu umfahren.
(nach einer Aufzeichnung von Annette Kniffler)
Hallo Annette, Du schilderst Eure Erlebnisse so lebendig, dass ich es mir vorstellen kann als wäre ich dabei. Es erinnert mich an eine Fahrt vor über 30 Jahren über den gefürchteten Autoput durch Jugoslawien – damals allerdings mit einem VW-Käfer, nicht mit einem schwer beladenen Fahrrad. Passt bitte gut auf Euch auf und geht den LKWs und anderen nicht kalkulierbaren Risiken aus dem Weg.
Viele Grüße aus Windach,
Richard